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Gießener Allgemeine Zeitung
Samstag, 9. August 2003, Nr 183 –Seite 30

Das Stadttheater steht plötzlich am E-Klo

Till Schürmann wird sein fiktives Panorama von Gießen vom 19. September an auf dem Kirchenplatz ausstellen

Angefangen hat alles mit dem Auftrag, das Programmheft für die Diplomfeier 2003 des Fachbereichs Psychologie an der Justus-Liebig-Universität zu gestalten, aber dem mitfeiernden Till Schürmann, der 1995 zum Studium nach Gießen gekommen war, genügte es nicht, lediglich drei Reden zusammenzustellen. Und da er Bildbearbeitung am Computer und Layout gelernt hat, ging er daran, die Schrift um Fotos zu ergänzen, die für die Kommilitonen einen besonderen Erinnerungswert haben sollten.

"Irgendwann machte sich das selbständig", sagte der 30-Jährige jetzt im Gespräch und präsentierte dabei sein fiktives Panorama von Geißen, das er vom 19. September an auf dem Kirchenplatz ausstellen will. Immerhin hat er dafür schon einen ersten Preis gewonnen, und zwar in der Profi-Kategorie des "Adobe Photoshop Award 2003", und so waren die originellen Ansichten der Stadt im Mai in einer Ausstellung im Berliner Willy-Brand-Haus zu sehen. Die Jury lobte Schürmanns "erhebliche investierte Arbeit", aber auch "die Sorgfalt, die er auf das Ausgangsmaterial verwandt hat".

Neben dem großen Aufwand, dem Fleiß und der Präzision ist es aber vor allem der augenzwinkernde Humor, mit dem Schürmann mit seinem geheimnisvollen "Ideoskop" bei seinem zehn Meter langen Panorama zu Werke gegangen ist. Da rücken Gebäude nahe zueinander, die "meilenweit" voneinander entfernt sind: Das Stadttheater steht beim Elefantenklo, der Stadtkirchenturm bei "Max hat's" am Alten Friedhof, das Liebigmuseum korrespondiert mit Seltersweg-Skulpturen, und ganze Häuserzeilen sind entstanden, die aus den unterschiedlichsten Straßen zusammengepuzzelt wurden. Inschriften sind dabei witzig verfremdet, um nicht zu sagen: in ihr Gegenteil verkehrt.

Begleiten soll die Ausstellung ein Buch mit Interviews, die Schürmann derzeit mit prominenten Gießenern führt. Darin will er nach Träumen, Visionen und Initiativen fragen, die sich mit dem Leben in Gießen beschäftigen, will erfahren, was seine Gesprächspartner an Wünschen vortragen, was hier verändert werden sollte oder müsste; denn für Schürmann ist klar: Nur Rumsitzen und Klagen kann die Lösung nicht sein. Auch auf dem Kirchenplatz wird ein großes Buch ausliegen, in dem die Besucher ihre Meinungen eintragen können.

Diese haben zuvor mächtig viel anzuschauen und sollten sich Zeit dafür nehmen. Denn neben den Bauten, Gärten, Denkmälern und Kunstobjekten tauchen plötzlich auch Menschen auf, die man doch irgendwo schon einmal beim Bummel durch die Stadt gesehen hat; zwar nicht dort, wo Schürmann sie jetzt hinmontiert hat, aber das macht ja gerade den Reiz dieser Begegnung der andern Art aus.

hpg

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